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...die Krankheit ohne Heilung

Wild Boyz


USS Community

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Vinaras erste Reaktion bestand in einer gewissen Erleichterung als sie las dass keine aktive Untereinheit der Sternenflotte, sondern nur eine "Rentner-Gang" ehemaliger Admiräle hinter dem ganzen Projekt stand. Dennoch, bei näherer Betrachtung erwies sich auch diese Wahrheit als eine unangenehme, waren doch etliche Leute getäuscht worden. Und gerade weil diese Hintermänner nicht mehr zum aktiven Personal der Sternenflotte gehörten hatten sie - oder zumindest einige von ihnen - womöglich Kontakte zu kriminellen Organisationen, allen voran dem Orion-Syndikat. Zumindest dürfte es schwer fallen sie für ihre Taten zur Verantwortung zu ziehen, wahrscheinlich waren die meisten von ihnen bereits untergetaucht oder gerade im Begriff zu verschwinden.

Die Sternenflotte trug trotz keiner aktiven Beteiligung zumindest von den oberen Rängen her eine gewisse Verantwortung, gab es doch Geheim- und Sub-Geheimdienste die eine derartige Verschwörung aufdecken und von vornherein verhindern hätten sollen. Vielleicht hatte das XF7-Projekt doch noch geheime Unterstützung von Sektion 31 erhalten...

Vinara war wie gesagt erleichtert, wenn auch nicht in dem Maße dass sie sich eigentlich erhofft hatte. Gewisse Gedanken die sie schon vor diesem Zwischenfall gehabt hatte ließen sich einfach nicht beiseite schieben und wurden durch die aktuellen Informationen zum Teil sogar noch verstärkt. Es war einfach die Macht die einen nicht selten korrumpieren konnte, selbst diese Admiräle die offiziell schon alle im Ruhestand waren hatten ihre alten Privilegien skrupellos für ihre Zwecke missbraucht. Und dann waren da auch noch die unteren Ränge, tatsächliche aktive Crewmen, Unteroffiziere und vielleicht sogar Offiziere der Sternenflotte die scheinbar ohne zu hinterfragen die Befehle von XF7 ausgeführt hatten. Konnte Unwissenheit in diesem Fall vor Strafe schützen?

Die Andorianerin war auf jeden Fall entschlossen sich aus freier Entscheidung selbst aus solchen Kreisen auszuschließen, in denen Korruption und Machtmissbrauch wie es schien zuweilen doch häufiger vorkommen konnten als man von der Sternenflotte gemeinhin erwartete...

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Mit hinter dem Kopf verschränkten Händen lag Assjima ausgestreckt auf ihrem Bett und starrte an die Decke. Die Augen brannten vor Müdigkeit, doch lieferten sich diverse Gedankenfraktionen in ihrem Hirn eine Schlacht, bei der sogar schwere Artillerie aufgefahren wurde. Der pochende Kopfschmerz wollte sie nicht einschlafen lassen. Sie versuchte, das Gemetzel zu unterbinden indem sie sich auf das leise Schnarchen Sams konzentrierte, doch der Gedanke an Rahem schob sich immer wieder in den Vordergrund. Sie konnte das Verhalten des Telepaten nicht nachvollziehen. Ein gewisses Misstrauen ja, aber warum musste es erst Tote geben bis Rahem ihr die Einblicke gewährte, die notwendig waren um zu verstehen was in den Männern passierte? Warum das Versteckspielen mit Solak? Warum die von Misserfolg begleiteten Untersuchungen, warum dieses Rätselraten, wenn er doch zu wissen glaubte, worin das Problem lag. Warum nur hatte Rahem sie beide nicht gleich beiseite genommen und gesagt: Doktor, Councelor … ich glaube die Ursache könnte in unserem möglicherweise schlecht gewarteten Moralchip liegen, der vielleicht durch Informationsüberflutung die Daten falsch analysiert … Auch wenn er sich nicht sicher war, so hätte er seine Vermutung dennoch äußern können. Man hätte gleich zu Beginn eine gezielte Untersuchung starten können. Man hätte Zeit gespart und womöglich sogar Tote vermeiden können. Doch jetzt war es zu spät. Vier tote Sicherheitsleute, Hawk und die Soldaten auf der Station. Warum nur! Warum dieses Misstrauen. Es war alles so sinnlos!

“Hör auf zu grübeln, Chemaschu.“

Assjima drehte den Kopf zur Seite. Sam war wach und schaute sie an.

“Es hilft nichts. Du hättest es nicht verhindern können. Sie wollten es nicht.“

„Ich will es doch nur verstehen … warum wollten sie uns mit Gewalt zwingen ihnen zu helfen und haben es gleichzeitig verhindert? Ich kann den Sinn einfach nicht sehen … und … ach, ich hasse sinnlose Aktionen!“

„Es wird einen Sinn geben. Wir können ihn nur noch nicht erkennen. Versuche zu schlafen. Morgen wirst du vielleicht klarer sehen.“

„Ich versuche es ja … es geht nicht …“

Sam legte seine Arme um sie und drückte sie sanft an sich. Dann konzentrierte er sich auf den letzten gemeinsamen Urlaub. Bilder von Betazed und von Seyalia wanderten von ihm hinüber zu Assjima. Ruhige, schöne Bilder. „Wenn diese Geschichte überstanden ist, werden wir Urlaub machen. Egal was das Sternenflottenkommando sagt. Du nimmst dir einfach frei und wir hauen ab“ flüsterte er ihr leise ins Ohr.

„Ich weiß nicht, Sam … es ist weit nach Delta.“

„Aber Betazed liegt fast um die Ecke. Mutter würde sich freuen, dich wieder zu sehen.“

„Ob sie noch von dem leckeren Kompott hat?“

„Davon hat sie immer genug.“

„Das wäre schön …“ Assjima schloss die Augen und kuschelte sich an ihn. Wenige Augenblicke später war Rahem verschwunden. Sie schlief.

Bearbeitet von Assjima
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Als er das Arboretrum wieder verließ, da war etwas in ihm zerbrochen. Solaks Miene war so vulkanisch wie sie es seit Romulus nicht mehr gewesen war. Alles, was um ihn herum geschah, war mit einem Mal seltsam entfernt.

Noch immer konnte er nicht in sein Büro, weshalb er Kurs auf die Brücke nahm. Dort angekommen las er Tanrims letzten Bericht.

Überraschte es ihn? Schockierte es ihn?

Nein. Weder, noch. Lüge, Betrug, Täuschung, Mord. Es war überall. Sie taten immer so als wären all das rein romulanische Eigenschaften. Doch die Föderation war davon genauso durchsetzt wie ihre Nachbarn. Das hatte er schon lange gewusst. Und dass es nicht die Flotte selbst war, sondern einige ihrer hochdekorierten Ex-Führer... Machte es wirklich einen Unterschied? Und wer sagte, dass diese Ex-Admiräle nicht selber nur Marionetten waren? In diesem Sumpf voller Intrigen...

Savian und seine Leute hatten sie getäuscht. Die Hintermänner hatten Savian und seine Männer getäuscht. Würde es nie aufhören?

Noch immer hatte er Mitleid mit den Soldaten. Noch immer verspürte er den Wunsch, ihnen zu helfen. Doch seit Rahems 'Offenbarung' war es aus Pflichgefühl und nicht mehr aus einem tief empfundenen Wunsch heraus. Jede Seite hatte gelogen. Und jede Seite hatte sich damit Leben auf's Gewissen geladen.

Und nun standen sie alle hier, die Waffen erhoben....

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Nachdem sich der aufgewirbelte Staub des Raumkampfes gelegt hatte, machte sich Niels daran weiterzuarbeiten. Die Frage um eine Intelligenz oder ein Bewustsein, dass in dem Moralchip verankert sein könnte, war noch nicht geklärt.

Für eine Untersuchung hatte sich Savian persönlich zur Verfügung gestellt. Nach der Zerstörung der Basis waren die Überlebenden sicher auf der Community verwahrt.

Savian war mit einer Eskorte aus der Sicherheitsabteilung ins Labor gekommen. "Tanrim hat mich informiert, also legen sie los, bevor keiner mehr von uns übrig ist."

Nach Innen war Niels etwas besorgt, dass es wieder zu einem Zwischenfall kommen könnte, doch nach Außen wirkte er kühl.

Als Savian Tellum über den Link mit einem Computer verbunden war, forderte Niels ihn auf: "Ich möchte sie bitten eine interne Anfrage an die moralische Integrität zu stellen. Ich brauche einen Vergleichswert um Fragen stellen zu können."

"Ich verstehe." meinte Savian. Niels zückte den Tricorder und zeichnete die Datenimpulse auf, die durch den Körper des Cyborgs flossen.

Ein paar Minuten benötigte Niels um die Daten auszuwerten. Dann fuhr er fort: "Ich beginne jetzt mit einfachen Fragen um herauszufinden, ob die Verbindung richtig hergestellt wurde." Savian nickte.

An einem Computerterminal gab Niels die Fragen ein, zunächst mathematische Berechnungen. Mit jeder Anfrage erhöhte er die Schwierigkeit. Nach 10 dieser Fragen, die alle richtig beantwortet wurden, war er sich bei der Verbindung sicher.

Jetzt gab er der moralischen Integrität Situationen vor zu deren Lösung es einer gewissen Kreativität bedurfte. Er begann mit einfachen, nüchternen Beschreibungen und arbeitete sich dann immer weiter in die emotionale Richtung vor. So versuchte er Verhaltensmuster auszumachen, die auf eine Persönlichkeit hindeuten könnten. Leider war nichts da, die Antworten fiehlen knapp und sachlich aus.

Der letzte Schritt war es dann direkt auf Empfindungen abzuziehlen. Bei der letzten Frage erkundigte sich Niels nach dem Wohlergehen. Die Antwort ließ etwas auf sich warten. Niels hegte schon die Hoffnung, dass das als ein gutes Zeichen zu werten sei, jedoch war das genaue Gegenteil der Fall, die Frage konnte nicht beantwortet werden.

"Mr. Tellum, es tut mir leid, ich konnte nicht finden, wonach ich gesucht habe." bedauerte Niels. Die Link-Verbindung wurde gelöst. "Wirklich schade, ihr Gedanke war sehr interessant." stimmte Savian zu. "Entschuldigen sie mich, ich werde zu meinen Männern zurückkehren." "Sicher." entgegnete Niels. Der Cyborg und die Sicherheitsleute ließen ihn allein.

In einem kurzen Bericht fasste er die Tests zusammen, durch die er nur die Vermutungen von Rahem Tik bestätigen konnte, dass es keine starke KI gab.

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Ein Foto, es friert einen Augenblick ein, konserviert ihn für die Ewigkeit, um dem Besitzer als Erinnerung an längst Vergangenes zu dienen. Als Zeugnis dessen was mal war und nie wieder sein wird. Bis irgendwann mal auch diese Erinnerung von der Zeit und dem Universum unwiederbringlich verschlungen werden würde.

In diesem Fall zeigte es die Abschlussklasse der Sternenflottenakademie, wie sie vor ca 16 Jahren war. Viele von den Studienkollegen, die George kannte, lebten heute nicht mehr. Einige kamen bei Unfällen ums Leben. Andere bei der Borginvasion, bei dem Konflikt gegen die Klingonen und dem Dominionkrieg. Bestenfalls die Hälfte dieser Klasse war noch am Leben. Und einer von ihnen starb zweimal. George betrachtete sich Billy auf dem Bild. Was war das Motiv, das ihn zu dieser Entscheidung gebracht hatte? Was lies einen jungen frisch verheirateten Mann dazu veranlassen Frau und Kind zu verlassen? George hatte in den letzten Stunden immer wieder darüber nachgedacht. Doch er kam zu keinem Schluss. Nur Billy selbst würde wohl diese Frage beantworten können. Doch er war Tod. Ermordet von der eigenen Regierung. Von Leuten, denen die Macht wichtiger war als Prinzipien. Eine Hand voll Menschen hat Hunderte wenn nicht tausende getäuscht. Sie hatten die Sternenflotte zu ihrem Instrument gemacht, ohne das jemand bei Starfleet mit Ausnahme jener Admiräle bescheid wusste. Diese Männer hatten wohl offensichtlich ihre Absichten gut getarnt. Sie ließen andere nach vorne Stürmen und die Aufmerksamkeit jener auf sich ziehen, die noch über die Prinzipien der Föderation wachten. Doch jetzt hatte man ihr tun aufgedeckt. Doch würde es ausreichen, um sie auch zu stoppen?

George stellte das Bild ab und lehnte sich zurück. Nein! Das wird diese Leute niemals stoppen. Auch wenn man viele von ihnen verhaften würde, es werden noch genug Leute übrigbleiben die weitermachen. Sie werden ihre Strategie verändern, einfach abwarten, bis die Aufmerksamkeit nach einiger Zeit wieder nachließ.

George stieß ein verächtliches Schnauben aus. Warum gab er sich damit ab? Er konnte es nicht ändern. Er war Ingenieur und kein Geheimagent. Und doch, die Sternenflotte war sein Leben. Er kannte kein anderes. War dies seine Schwachstelle? Möglicherweise war es eine Schwachstelle. Doch war es so falsch daran zu glauben? Sogar naiv? Naiv vielleicht ein bisschen. In den letzten 20 Jahren hatte sich die Sternenflotte wandeln müssen. Von einer friedlichen Forschungsorganisation zu einer Armee. Im Dominion Krieg gab es sogar den ersten Angriffskrieg der Sternenflotte. Man schlug einen Pfad ein auf dem man nie wieder umkehren würde. Diese Supersoldaten zeigten nur einen Teil des Weges auf. Die Menschen schienen sich wohl nur oberflächlich verändert zu haben, möglicherweise auch etwas weiter unter der Oberfläche. Doch im Grunde, waren die Menschen immer noch diese kriegerischen Barbaren. Würde man den Menschen des 24 Jahrhunderts ihre Holodecks und Replicatoren nehmen, so würde aus dem Paradies wieder eine Hölle entstehen. Die Menschen fielen dann in ihre alten Gewohnheiten zurück. So als ob es diese Fortschritte nicht gegeben hätte.

Irgendwie befand George, dass diese Gedanken irgendwie nach einer Entschuldigen für diese Verräter suchten. Oder nach deren Motiven? Was auch immer diese Motive waren oder auch sind. Sie mussten gestoppt werden. Und zwar alle, ohne Ausnahme.

Bearbeitet von George Sheridan
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Vinara hatte die jüngsten Gedanken die in ihrem Kopf herumgeisterten wieder einmal in einem Tagebucheintrag zusammengefasst...

Als Wissenschaftler in der Sternenflotte sieht man sich früher oder später mit der Entscheidung konfrontiert, ob man den beruflichen Schwerpunkt mehr auf eine Forschungslaufbahn mit akademischem Einschlag oder eher auf eine Kommando-Karriere legen will. Beides zusammen scheint nur in den seltendsten Fällen zu funktionieren, die doppelte Belastung ist enorm und man läuft immer Gefahr eine der beiden Seiten zu vernachlässigen.

Eine Entscheidung ist daher meist unumgänglich und steht in der Regel dann an wenn man als Offizier den Rang eines Lieutenant-Commanders innehat. An Bord von Raumschiffen ist man damit automatisch in die Führungskette mit eingebunden, der dienstälteste Brückenoffizier dieses Rangs wird automatisch auch Zweiter Offizier. Und bei Schiffen der Prometheus-Klasse heißt dies nicht nur den Stuhl in der Mitte warmzuhalten oder hier und da ein Außenteam zu leiten, sondern im Falle einer Trennung die Tertiärsektion (oder je nach taktischem Vorgehen auch die Sekundärsektion) zu kommandieren.

Genau diesen Posten habe ich nun schon seit einigen Jahren neben meiner hauptsächlichen Arbeit inne, ja nebenher sogar auf zwei verschiedenen Schiffen vorübergehend als Erster Offizier fungiert.

Doch Ereignisse in den vergangenen Monaten haben mich nun dazu bewogen obige Entscheidung zugunsten einer wissenschaftlichen Karriere zu fällen. An sich wäre dies kein Problem, ich müsste mich nur an irgendeine Forschungseinrichtung versetzen lassen, was im Falle einer leitenden Position sogar mit einer Beförderung verbunden wäre... Und genau da setzt mein Dilemma ein: Zu diesem Schiff und Teilen seiner Crew habe ich mittlerweile eine gewisse Zuneigung gefasst, Vertrauen und Beziehungen aufgebaut... Ich kann nicht einfach so gehen, zumindest noch nicht. Genausowenig aber kann ich weiterhin Zweite Offizierin bleiben, ich wage sogar soweit zu gehen dass jeder Stuhl in der Mitte einer Brücke mir fremd geworden ist und ich ob dieser Entfremdung alles andere als unglücklich bin.

Selig sind jene die sich von Anfang an nur als Wissenschaftler gesehen haben und in der Sternenflotte zum Teil nur als Unteroffiziere oder reine Crewmen dienen...

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Der Councelor strich seine Uniformjacke glatt und atmete tief durch. Das, was er gerade vorhatte zu tun, grenzte hart an die Überschreitung professioneller Grenzen. Doch galten diese Grenzen hier überhaupt? Er musste er wissen. Er musste einfach wissen warum...

Die Tür der Krankenstation öffnete sich. Solak trat ein.

Rahem Tik lag mit geschlossenen Augen auf dem Biobett. Er lauschte der Stille, die gerade auf der Krankenstation herrschte, und verglich sie mit dem lärmenden Treiben in seinem Kopf, den die Gedanken der Anwesenden verursachten. Da! Wieder eine neue Präsenz. Kein unbekannte .. „Councelor Solak“, begrüßte er immer noch mit geschlossenen Augen den Mann, der soeben eingetreten war.

Am liebsten würde er ihn nehmen und schütteln! Solak biss die Zähne zusammen und zwang seine Wut in die Knie. Er holte sich einen Stuhl ans Bett des Telepathen und setzte sich. Niemand in der Krankenstation achtete dabei auf ihn. Es war schließlich nicht ungewöhnlich, dass er vorbei sah. Still musterte das Spitzohr das Gesicht des anderes. Schweigen. Schließlich fragte er (die Stimme nicht mehr als ein Flüstern): "Warum der Doktor? Warum so spät?"

"Was meinen Sie mit spät"?

Ach? Jetzt stellte der Herr plötzlich Fragen? Und las nicht gleich alles aus seinem Geist?!

Solak zwang sich erneut zur Ruhe. Es half ihm nicht weiter, wenn er Rahem anging. "Der Zeitpunkt, an dem Sie sich entschlossen haben, Informationen an Doktor Assjima weiterzugeben. Diese Informationen hätten uns zu einem früheren Zeitpunkt sehr viel Arbeit erspart. Und vielleicht Leben retten können."

Der Telepath öffnete seine Augen und sah den Councelor unumwunden an. „Vielleicht sollten Sie nicht hier mit einem Herzen voller Zorn stehen, sondern sich an die eigene Nase fassen, Councelor. Hatten wir Ihnen nicht gesagt, dass unsere Implantate versagen? Hatten wir ihnen auch nicht gesagt, dass die ethisch-moralische Integrität ebenfalls ein Implantat ist? Hatte ich Ihnen nicht erzählt, was dann passiert? Was die anderen getan hatten? Könnte es sein, dass Sie mir nicht zugehört haben? Dass Sie mir nicht zuhören wollten? Dass Sie und ihre Kollegen den Ernst der Situation unterschätzt haben? Was werfen Sie mir vor? Dass ich nicht alle meine Kräfte in die Waagschale geworfen habe, um zu verhindern, dass Ihre Crewmitglieder getötet wurden? Das müssen Sie nicht, die Vorwürfe mache ich mir, ohne dass Sie mich darauf hinweisen müssen.“

"Schön, Sie machen sich Vorwürfe! Das wird die Crew sehr freuen!" Solaks Stimme war ruhig, seine Augen sprühten vor Zorn. "Das klärt aber nicht meine Frage nach dem Warum. Wir haben mehr als genug getan um Ihnen und den anderen zu helfen. Um eine Lösung zu finden. Und statt uns dabei zu unterstützen, habe Sie Informationen zurück gehalten!"

„Hören Sie auf zornig zu sein. Und denken Sie endlich logisch!“, forderte Rahem ihn auf. „Was wollten wir von Ihnen? Wir wollten, dass Sie unsere Hypothese entweder bestätigen oder sie widerlegen. Und zwar unbeeinflusst von unserem Wissensstandpunkt. Sie selbst wissen doch, dass die kleinste Subjektivität ein Messergebnis verändern kann. Aber das was nicht der einzige Grund…“

"Kommen Sie mir nicht mit Logik!" Die Stimme des Councelors wurde lauter. "Sie haben uns um Hilfe gebeten! Wenn Sie einfach nur sterben wollten, dann hätten Sie das viel einfacher haben können!"

„Sie hören nicht zu, Councelor! Und Sie denken nicht weiter als bis zu ihrer Nasenspitze! Warum sperren Sie sich gegen alles, was ich Ihnen sage? Warum wollen Sie nicht begreifen? Sind Sie im Moment derart in ihrer Eitelkeit gekränkt, nur weil ich Dr. Assjima einen winzigen Blick in mein Wesen gestattet habe? SIE hatten all das Wissen bereits vorher, Sie wussten um die Gefahr, die von uns ausgehen kann. Sie wussten auch vor allen anderen, dass wir nur wissen wollten, ob wir Recht haben. Die Wahrheit sieht doch so aus, dass Sie von Anfang an nicht bereit waren - weder zu kooperieren noch zu verstehen. SIE hatten alles in der Hand. Und Sie haben nichts getan. Keiner von Ihnen hat doch auch nur im Geringsten begriffen, was wir wirklich sind. Wozu wir fähig sind. Nein, Sie haben sich alle nicht auf das Wesentliche konzentriert. Sie haben uns untersucht, analysiert und versucht zu kategorisieren – genauso wie man es mit einer neuen Insektenart macht. Aber das haben wir nie verlangt. Wir wollten eine simple Bestätigung. Ein Ja. Oder ein Nein. Sie haben Zeit verschwendet. Sie tragen genauso viel Schuld wie wir.“

Solak lachte auf. "Dann wären wir ja nach fünf Stunden mit Ihnen fertig gewesen! Alles, was Sie wollten, hatten Sie von Assjima bereits bekommen! Das Ja oder Nein! Damit wäre es für uns also vorbei gewesen? Diese vier Crewmitglieder hätten nicht sterben müssen wenn wir uns damit zufrieden gegeben hätten?! SIE wussten doch, wie es in unseren Köpfen aussieht! SIE wussten, dass wir nicht locker lassen würden! Dass UNS das Ja oder Nein nicht genügen würde! SIE hätten uns darauf hinweisen können. SIE wussten doch alles! SIE waren doch in unserem Kopf!"

„Fünf Stunden? Mit den drei, die Sie gebraucht haben, um in meinem Hirn herumzustochern?“ Rahem ließ das Kopfteil des Bettes ein wenig höher stellen. „Um Ihre Frage zu beantworten, ja, das wäre alles gewesen - wenn die Community nicht hier erschienen wäre. Und mit ihr Commander Kyle. Aber lassen wir das .. Das Problem war, dass Sie sich nicht sicher waren - und dass ich unten auf dem Planetoiden Ihre Gedanken nicht lesen konnte. Wissen Sie, was mich wirklich ärgert - wenn ich mich nur ärgern könnte! - Sie alle gehen per se davon aus, dass wir sterben wollen. Das stimmt nicht. Wir alle hängen an diesem Leben. Aber wir alle wissen auch was passiert, wenn wir außer Kontrolle sind. Dazu - und nur dazu - haben wir Sie geholt. Wir wollten ganz sicher, dass wir richtig liegen, wenn wir unser Leben beenden müssen. Aber scheinbar ist jeder von Ihnen davon ausgegangen, dass wir einfach nur lebensmüde sind.“

Mit einem Mal war sie wieder da, diese unglaubliche Müdigkeit. Sie war kurz verschwunden und hatte seiner Wut erlaubt aufzukommen. Hatte ihn hier her gebracht. Doch nun war die Wut wie verpufft. Und die Müdigkeit kehrte zurück. Solaks Stimme wurde wieder leise. Er sah zu Boden. "Das stimmt nicht. Wenn es so gewesen wäre, dann hätte diese Crew sich niemals so viel Mühe gegeben. Meine Kollegen haben rund um die Uhr gearbeitet. Wir haben Antworten gesucht auf Fragen, die Sie anscheinend nicht einmal gestellt haben. Selbst, als wir dafür mit dem Leben von Freunden bezahlt haben, haben wir weitergemacht." Sein rechter Zeigefinger zeichnete Sta'els Namen nach, der sich eintätowiert um sein linkes Handgelenk zog. "Doch warum erkläre ich das Ihnen? Sie verstehen es ja doch nicht. Im Gegensatz zu einem Vulkanier sind Emotionen für Sie nur noch Erinnerung. Also: Wir haben zuviel getan. Es wird uns eine Lehre sein." Er stand auf und wandte sich zum Gehen.

„Vielleicht verstehe ich mehr, gerade weil ich nichts mehr fühlen kann. Dennoch würde ich liebend gern auf der Stelle mit jedem von Ihnen tauschen. .. Solak, Sie sind ein guter Councelor. Das hier ist eine gute Crew. Sie haben mehr getan, weil sie verstehen wollten - weil Sie glaubten, wir würden nicht alles sagen. Dass wir etwas verbergen. Sie haben das von Anfang an geglaubt. Nur deshalb habe ich Ihnen gestattet, mich zu untersuchen. Obwohl ich seit meiner Operation nicht mal den Gedanken an irgendwelche Geräte an und in meinem Kopf ertragen kann - aber ich habe Ihnen vertraut. Das habe ich nicht bereut. Doch Sie denken, dass ich Ihnen nicht vertraue. Dass ich Assjima mehr erzählt habe. Das habe ich nicht..."

Solak hatte sich wieder umgedreht als Rahem zu sprechen begonnen hatte. Er runzelte seine Stirn. "Sie haben ihr die Information gegeben nach der wir die ganze Zeit gesucht haben. Und: Es wäre nicht notwendig gewesen, Ihnen diese Geräte in den Schädel zu treiben. Wir hätten es auf einem anderen Weg probieren können. Sie haben.... Sie haben Assjima in Ihren Kopf gelassen. Und mir, Ihnen unpersönliche Geräte in den Cortex zu rammen. Ihnen Schmerzen zuzufügen. Ich verstehe das nicht. Ich bin Councelor. Kein Folterknecht..."

„Ich weiß, dass Sie das nicht sind. Aber Sie sehen die Dinge nüchtern. Logisch. Sie lassen sich nicht von Emotionen leiten. Dr. Assjima will eine Antwort auf die Frage: Ist da noch mehr? Sie sucht nach einer alles umfassenden Antwort - die es nicht gibt. Sie will mehr in uns sehen, als wir sind. Sie daggen sehen, was ich bin. Ich glaubte, Assjima zu überzeugen, wenn sie sieht. Bei Ihnen ging es mir um die Logik. Assjima hat keine Antworten erhalten. Keine neuen Informationen. Sie beide wissen genau gleich viel – nur betrachten sie beide es unterschiedlich. Dementsprechend kommen Sie auf unterschiedliche Ergebnisse.“ Rahem schüttelte nachdenklich den Kopf. „Ich wollte Sie nicht beleidigen, indem ich Assjima in meinen Kopf ließ und Sie nicht.“ Aufmerksam musterte er das Gesicht des Councelors. „Wollen Sie sehen, was ich sehe? Gesehen habe? Wollen Sie das mit mir teilen?“

Das Treiben in der Krankenstation ging ganz normal um ihn herum weiter. Sie hatten kurz inne gehalten als er laut geworden war, doch nun gingen sie wieder ihrer Arbeit nach. Und genauso wenig wie sie (zumindest offiziel) Solak beachteten, so wenig beachtete er sie. Vielmehr starrte er Rahem an. Zumindest sah es so aus. Das, was der Telepath gerade gesagt hatte... Hatte er es einfach nur falsch interpretiert? Konnte er ihm glauben? Hatte er überhaupt eine andere Wahl? Solak ließ das Gesagte in sich einsinken. Einige der Zweifel lösten sich auf. Doch etwas anderes blieb. Die Müdigkeit. Das Gefühl der vulkanischen Erde zwischen seinen Fingern. Der Councelor schluckte. Viel, worüber er mit Sirgun zu sprechen hatte. Er kehrte zurück ins Hier und Jetzt. Und realisierte, was Rahem ihm soeben angeboten hatte. "Ihre Geschichte? Meinen Sie das?"

„Meine Geschichte, die von Hawk, Savian, Jeff, Jesus .. alles was ich gesehen und gehört habe. Was ich getan habe. So wie ICH es gesehen habe. Ohne ein einziges Gefühl. Ungefiltert. Wollen Sie das wirklich?“

Solak setzte sich wieder. Er nickte einfach nur.

Wäre er in der Lage gewesen zu lächeln, dann hätte er es getan. Es war gut, all das mit jemandem teilen zu können. Er würde nicht vergessen werden. Langsam tastete Rahem nach der Hand des Councelors, ergriff sie und zog sie langsam zu seinem Gesicht. „Dann beginnen Sie.“

John Gilmore wollte gerade zu ihnen treten, stoppte aber mitten in der Bewegung. Eigentlich hatte er seinen Freund fragen wollen, ob sie gemeinsam etwas essen wollten. Doch nun legte dieser Rahem die Fingerspitzen auf's Gesicht... John war kein Experte, aber selbst er konnte erkennen, was da vor ging. Schnell scheuchte er das restliche medizinische Personal in eine andere Ecke. Was immer sie da taten, er wollte sie nicht stören. Im Hintergrund hörte er Solaks Stimme etwas auf Vulkanisch murmeln....

Rahem sah den Councelor nur für einen Moment zögerlich an. Dann öffnete er seinen Geist ..

[Fee und idic in "Mein Geist, dein Geist - wessen Geist?"]

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Selina starrte durch die Dunkelheit in ihrem Quartier auf die Wand. So saß sie schon Stunden da. Ihr Blick war leer und ihre roten verquollenen Augen brachten nicht mehr eine einzige Träne zustande. Sie hatte sich schon oft elend gefühlt aber dieser Tag würde ihr wohl für immer in Erinnerung bleiben.

Hier saß sie nun, völlig am Boden zerstört und vor den Trümmern ihrer Beziehung zu John. Schon seit Tagen hatte es in der Beziehung gekriselt. Sie hatte sich sich von ihm vernachlässigt gefühlt und er verstand ihr Mitgefühl für Tellums Männer nicht. Auch am heutigen Tage hatten sie wieder darüber diskutiert. Selina war diese Diskussion Leid gewesen. Sie wollte sich nicht mehr für ihre Gefühlslage erklären oder gar entschuldigen. Als die Diskussion zu hitzig geworden war, beendete sie diese damit, dass sie John die Wahrheit über sich erzählt hatte.

Deutlich konnte sie immer noch sein verstörtes Gesicht vor sich sehen. Der Unglauben in seinen Augen. Doch irgendwann war ihm dann die Erkenntnis gekommen, dass dies kein Quatsch gewesen war. Viele Dinge die ihm komisch vorgekommen waren und für die er keine logische Erklärung gehabt hatte, all diese Dinge machten jetzt wo er die Wahrheit jetzt wusste, einen Sinn.

Nachdem er die Wahrheit über sie erfahren hatte, war er wortlos aufgestanden und zur Türe gelaufen. „Du hast mich also die ganze Zeit über angelogen. Ich glaube nicht, dass eine Beziehung die auf Lügen basiert, eine Zukunft hat.“

Mit diesen Worten hatte er sie in ihrem Quartier zurückgelassen.

Es war vorbei.

Selina zog ihre Beine ganz nah zu ihrem Körper und unklammerte sie. Sie wünschte sich, dass sie jetzt jemand halten würde aber es war spät und ihr fehlte die Kraft, jemanden zu rufen.

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Nachdenklich stand der schwarze Adjudant Chef vor dem Fenster in dem Bereitschaftsraum des Captains starrte hinaus in den Argolis Cluster. In dem Raum herrschte Stille. Vartik Tanrim beobachtete den Mann mit einer Mischung aus Mitgefühl und Erwartung. Soeben hatte er dem Soldaten alles zusammengefasst, was sie in Erfahrung gebracht hatten.

Von Rahems Vermutung, über die Savian schon lange Bescheid wusste, und der sich verwundert zeigte, dass einige Offiziere dies plötzlich als etwas vollkommen Neues betrachteten. Hatte er nicht von Anfang an gesagt, dass es um die Fehlfunktion des Moralchips ging? Oder hatte er sich dermaßen undeutlich, gar kryptisch ausgedrückt? Womöglich hatten sie gedacht, dass er sie anlog? Ihr Misstrauen konnte er ihnen allen nicht verübeln. Natürlich hatten sie ihnen nicht alles gesagt – aber doch nur um sie zu schützen. Doch das alles spielte nun keine Rolle mehr: Die Community, die Crew der Community war bereits zu sehr involviert in all das Geschehen. Und für einen winzigen Moment wünschte sich Savian Tellum, sie hätten niemals überhaupt je daran gedacht, Hilfe von außerhalb zu holen. Doch dann ..

„Lassen Sie mich bitte kurz zusammenfassen, Captain“, begann Savian und wandte sich vom Ausblick ab. „Fähnrich van Richthoven hat festgestellt, dass sich keine starke KI in unserer Integrität gebildet hat. Womöglich gibt es eine schwache KI, aber diese ist nicht beherrschend. Und Doktor Assjima meint, dass unser Problem kurzfristig damit behoben wäre, wenn wir unsere Daten aus der Speichereinheit komplett entfernen würden und diesen Speicher auch regelmäßig leeren würden. Ist das so korrekt?“

„So in etwa“, stimmte Tanrim zu. „Assjima glaubt, dass so die Überlastung des Moralchips wieder zurückgefahren werden könnte. Sie denkt, Sie könnten alle ein normales Leben führen..“

„Ein normales Leben“, murmelte Savian dazwischen. „Vielleicht sollte uns jemand erklären, was normal bedeutet.“

„Sie könnten mit unserem Councelor reden“, schlug der Zakdorn vor. „Er könnte..“ Eine abrupte Bewegung des Soldaten unterbrach ihn.

„Danke, Captain“, sagte Savian. „Ich möchte Sie bitten, Ihren Leuten meinen Dank und den meiner Leute zu überbringen.“

Tanrim erhob sich von seinem Sessel. „Was haben Sie nun vor?“, wollte er wissen.

„Wir haben schon viel zu lange Ihre Gastfreundschaft genießen dürfen, Captain. Und Ihre Zeit in Anspruch genommen. Wir haben um Antworten gebeten und Sie haben sie uns gegeben…“

„Wie darf ich das verstehen, Mr. Tellum?“ Tanrim war der seltsame Blick des Mannes ihm gegenüber nicht entgangen.

Die Lippen des Soldaten umspielte ein geheimnisvolles Lächeln. „Bitte, glauben Sie mir, wir werden nichts Unüberlegtes tun. Wir haben nicht vor, uns zu rächen oder die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Ich glaube, darum werden Sie sich bereits kümmern. Nein, wir werden einfach Ihren Rat folgen ..“

„Und das hei..“ Der Körper des Kommandanten sackte unter dem Griff des Soldaten bewusstlos in sich zusammen.

„Danke, Captain“, flüsterte Savian. „Ich wünschte, ich könnte Ihnen meine Dankbarkeit mehr zeigen. Aber das ist der einzige Weg, um Ihnen allen aus dem Dilemma zu helfen. Und ich weiß, dass man Sie alle unsertwegen befragen wird. So müssen sie nicht lügen. Und wie heißt es? Man begegnet sich immer zwei Mal im Leben. Wir werden da sein, wenn sie uns je brauchen werden - so wie Sie für uns da gewesen sind.“ Behutsam hievte er den Körper des Zakdorns in den Sessel zurück.

„Claude?“ Das abhörsichere Kommsystem der Soldaten war die ganze Zeit über aktiv gewesen.

„Chef?“

„Es ist soweit.“

Es war mitten in der Nacht als das von Claude Gautier installierte und nun aktivierte Programm seinen Lauf nahm.

Vor den Augen von Michael Vaillant, die sich entsetzt weiteten, verschwanden die beiden Soldaten in einem Transporterstrahl aus ihren Zellen, lösten sich die Körper der verletzten Soldaten auf der Krankenstation auf und verschwand der Adjudant Chef Savian Tellum aus dem Bereitschaftsraum des Kommandanten der Community.

Sie alle rematerialisierten sich in dem Runabout Po wieder. Jeff Raven setzte sich an die Flugkonsole und startete das Shuttle, was den diensthabenden Piloten auf dem Hangardeck Rupert Fargoth aus seinem leichten Dösschlaf wie von der Tarantel gestochen aufspringen ließ.

„Brücke!“, brüllte er in seinen Kommunikator. „Wir haben hier einen nicht autorisierten Start der Po“

Luke Solo auf der Brücke bestätigte den Start und aktivierte sofort die Gegenmaßnahmen, die vom Sperren des Schotts bis hin zur Deaktivierung des Shuttleantriebs reichten.

„Was treibt ihr da oben?“, klang laut schimpfend die Stimme Fargoths durch die Komm der Brücke. „Die hauen ab!“

Solo schüttelte den Kopf. „Die Gegenmaßnahmen greifen nicht! Sie müssen das System lahm gelegt haben.“

„Verdammte Drecksbande“, fluchte der Pilot auf dem Hangardeck, während er tatenlos dabei zusehen musste, wie das Runabout vom Boden abhob und dann ungestört durch das Kraftfeld flog.

Eine Sekunde, bevor die Po auf Warp 2 beschleunigte, wurden von dem Shuttle zwei Nachrichten an die Community geschickt, die in den Postfächern der deltanischen Ärztin und des romulovulkanischen Councelors landeten.

Der Wortlaut war:

Meine liebe Dr. Assjima,

lieber Councelor Solak,

bitte verzeihen Sie mir diese sehr vertrauliche Anrede, doch sie schien mir irgendwie passend. Insbesondere, da Sie, die beiden ersten Mediziner sind, zu denen ich seit langer Zeit wieder Vertrauen habe. Ein Umstand, der niemanden mehr überrascht hat, als mich selbst. Aber wahrscheinlich werden Sie beide nur den Kopf schütteln, wenn sie das Wort „Vertrauen“ lesen...

Wenn Sie das hier lesen, dann werden wir, besser gesagt, das, was von uns übrig ist, bereits weit weg von der Community und von Ihnen allen entfernt sein. Ich kann mir vorstellen, dass Sie alle einen tiefen Seufzer der Erleichterung machen werden. Nicht? Nun ich würde es. Immerhin sind nun diese unberechenbaren, kaum mehr menschlich zu nennenden Kreaturen endlich von Bord und können keinem mehr gefährlich werden.

Verzeihen Sie mir meinen seltsamen Humor. Den gewöhnt man sich an, wenn man so lange Zeit nur unter „seinesgleichen“ lebt, abgeschnitten von einer Zivilisation, die einen erschaffen hat und dann plötzlich erkennt, dass das Experiment eine völlig andere Richtung genommen hat und mit allen Mitteln versucht, dem Geschöpf eine Existenz abzusprechen, indem man es entmenschlicht.

Aber vielleicht ist das Experiment gar nicht gescheitert? Vielleicht sind wir nur ein winziger, neu sprießender Ast im Baum der Evolution. Ein Vorgriff. Oder ein Missgriff. Wer kann das schon sagen?

Sie hatten Unrecht, Assjima. Wir sind uns sehr genau bewusst, was und wer wir sind. Wir wissen schon lange, dass wir keine Menschen in der ursprünglichen Definition mehr sind. Wir sind Cyborgs. Das wussten wir schon bevor das Skalpell sich zum ersten Mal in unser Fleisch schnitt. Das, was wir damals nicht wussten, war, wie es sein würde.

Heute können wir sagen, es unterscheidet sich nicht sehr von dem, was man menschlich nennen würde. Es ist anders, ja. Aber ist der Begriff menschlich nicht schon an sich ein Widerspruch in sich selbst? Denken Sie an die vielen Lebewesen mit ihren unterschiedlichen Charakteren, Einstellungen, Vorstellungen, Träumen, die die Menschheit bilden. Die Vulkanier haben es besser verstanden: sie bezeichnen alles Leben als idic – unendliche Mannigfaltigkeit in unendlicher Kombination. Wir mögen biologisch betrachtet keine Menschen mehr sein, doch wir betrachten uns als eine weitere Variante der menschlichen bzw. betazoidischen Spezies.

Aber Sie haben auch Recht, Asjima. Natürlich sehnen wir uns in manchen Momenten wieder danach, das zu sein, was wir einmal waren. Aber tun Sie das nicht auch? Wollen Sie nicht manchmal auch wieder ein Kind sein? Oder einfach nur eine Heilerin ohne die Verpflichtung, die sie gegenüber der Sternenflotte eingegangen sind?

Auch in diesem Punkt unterscheiden wir uns also nicht sehr voneinander - selbst die Motivation, wieso man sich nach so etwas sehnt, ähnelt sich. Damals war alles viel einfacher. Die Verantwortung war leichter zu tragen. Alles erschien in einem verklärten Blick der Leichtigkeit, mit der man scheinbar damals gelebt hat. Doch: Weder wir noch Sie können zurück zu diesen Tagen. Sie wissen das und wir wissen das ebenso.

Wir alle haben unsere Handlungen und Taten zu verantworten und wir alle können nicht anders als zu ihren Folgen zu stehen und mit ihnen zu leben. Das tun wir. Aber wir nehmen uns das Recht heraus, unser Leben nach unseren Maßstäben, Wünschen und Bedürfnissen zu leben - und auch zu beenden. Deshalb sind wir damals geflohen - weil wir in nicht einer Gefrierkammer dahin vegetieren wollten. Und weil unsere technischen Komponenten ebenso wie unsere biologischen Körper das Recht auf Leben haben. Und nur gemeinsam können sie und damit wir existieren.

Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit gehabt, um einander besser zu begreifen. Doch nach dem Angriff der Fänger war uns klar, dass wir Sie alle bereits tiefer in unsere Angelegenheiten verstrickt hatten, als wir es ursprünglich je beabsichtigten. Ich - wir - möchten Sie und den Councelor dafür um Verzeihung bitten. Ebenso die Crew.

Wir wissen noch nicht, wie wir die Familien der vier getöteten Crewmitglieder kontaktieren werden, um sie um Verzeihung zu bitten, aber wir werden es tun. Möglicherweise wird sich Jeff Raven den Behörden stellen. Doch noch haben wir nicht entschieden, in wie weit das auch Auswirkungen auf Sie und die Community haben würde. Und im Moment liegt unser Bestreben darin, den Schaden, den wir Ihnen zugefügt haben und die daraus folgenden mit Sicherheit unangenehmen Berichte und Untersuchungen, so gering wie möglich zu halten bzw. diese zu beheben. Ich hoffe, Sie glauben mir, wenn ich Ihnen sage, dass wir nichts unerledigt zurück lassen werden. Das haben wir nie und wir werden auch jetzt nicht damit anfangen.

Unsere letzte Botschaft an Sie soll mit Dank enden - Dank dafür, dass Sie uns trotz allem, trotz der Toten, trotz der wenigen Informationen, die wir ihnen gaben, geholfen haben. Sie haben uns eine neue Möglichkeit, einen neuen Weg gezeigt. Ob wir ihn gehen werden, vielleicht werden Sie es eines Tages erfahren. Doch im Moment ist es sicherer für Sie alle, wenn Sie - wie die Tage zuvor auch - im Dunkeln tappen. Was Sie nicht wissen, kann Sie nicht belasten - weder Ihre Seele noch Ihre Karriere. Es war von Anfang an geplant, dass Sie sich an nichts mehr erinnern würden, so ist es zwar nun nicht gekommen, aber Ihr Wissen kann ihnen nun auch nichts mehr anhaben. Nicht, wenn ich Captain Tanrim richtig eingeschätzt habe...

Es gäbe noch viel, was ich Ihnen sagen möchte. Doch all das nehme ich mit mir - auch die Erinnerung an Sie beide. Eine Erinnerung, die mich gelehrt hat, dass eine Uniform nicht das geringste über das Individuum darunter aussagt. Genauso wenig wie unsere Implantate definieren, wer wir wirklich sind.

Savian Tellum

Dann war das Runabout in einem Lichtblitz verschwunden.

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„Wie dem auch sei. Mutter sagte, dass ihre Nachbarin beinahe Grün vor Neid angelaufen sei, weil sie bald Großmutter werden würde.“, erzählte Jenax. George saß schon auf dem Bett und hatte sich seiner Uniform entledigt. Mit einem leicht erschlagenen Blick nickte er nur kurz.

Jenax hielt kurz inne. Sie sah ihren Verlobten in letzter Zeit so gut wie gar nicht. Von daher war auch ihr Redeschwall entsprechend angewachsen.

„Ach ja und draußen vor unserem Quartier wartet ein Kampfroboter vom Mars. Er fragt, ob er sich eine Tasse Zucker leihen darf.“, streute Jenax ein.

„Meinetwegen. Solange er den Zucker auch wieder bringt.“, seufzte der Chefingenieur.

„Sag doch einfach, dass du Müde bist.“

„Ich dachte das wäre nicht zu übersehen.“, schmunzelte George. Es war das erste positive Gefühl, das der Chefingenieur an diesem Tag zeigte. Jenax Stand nun vor George, sodass er ihren gewölbten Bauch berühren konnte. Für weinige Augenblicke legte er die Hand auf den Bauch und spürte die Tritte, die die beiden Babys von sich gaben. Dann küsste er ihren Bauch sanft. „Die Beiden sind ja noch richtig munter.“

„Allerdings. Und sie werden Kräftiger. Auch kann ich langsam Emotionen von den Beiden spüren. Zumindest halte ich dies dafür.“

Mit diesen Worten umrundete Jenax das Bett und legte sich hin. George tat es ihr gleich. Beide kuschelten sich aneinander.

„Gute Nacht Imzadi.“ Sagte Jenax leise. Doch sie erhielt keine Antwort mehr. George war erstaunlich schnell eingeschlafen. Sein Gesicht wirkte so friedlich wie das eines Schuljungen. Jenax spürte, wie sein Geist allmählich anfing sich zu beruhigen. Sie spürte allerdings auch seine Zweifel über das Geschehene der letzten Tage. Die ganze Sache hatte ihn völlig vereinnahmt. Jenax hoffte nur, dass dies bald ein Ende nehmen würde. 3 Stunden später war es auch dann soweit, als die Po die Community unerlaubt verließ und die Führungsoffiziere damit gleich behelligt wurden.

Bearbeitet von George Sheridan
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Solak war in seinem Büro als ihn die Nachricht Savians erreichte.

Eigentlich war das Büro noch gesperrt gewesen. Doch da die Hülle in Ordnung war und es sich genau genommen nur um eine Sicherheitsmaßnahme wegen der Schäden an der benachbarten Krankenstation handelte… Es war nicht schwierig gewesen, die Sperre zu überwinden. Und sich nach der Mentalverschmelzung mit Rahem dorthin zurück zu ziehen.

Der Raum war wie erwartet in einem chaotischen Zustand. Padds, Bücher, Blumen, Kissen, alles lag über den Boden verstreut. Zwei seiner Blumentöpfe waren genauso zu Bruch gegangen wie ein Bilderrahmen. Diese Unordnung zu beseitigen hatte Solaks Händen etwas zu tun gegeben während sein Kopf noch immer von Rahems Geist widerhallte.

Nachdem ihnen klar geworden war, dass in dem Dorf, das Jesús gesprengt hatte, noch Kinder waren, war er der erste gewesen, der das Haus untersucht hatte. Niemand hatte ihn darum gebeten, aber wenn man ständig die Gedanken aller anderen lesen konnte… Es machte ihm nichts aus. Es war nur logisch, dass er ging. Jemand musste schließlich die Schäden protokollieren.

Das Haus war von der vollen Wucht der Explosion getroffen worden. Die Sprengstoffexperten hatten ihren Job gut gemacht. Eine Seitenwand war vollkommen zerbröselt und hatte bei ihrem Einsturz das halbe Dach mit sich gerissen. Eines der Kinder – ein Junge, vielleicht 11 Jahre alt – musste im Moment der Explosion aus dem Fenster gesehen haben. Es hatte ihm Haut und Fleisch vom Gesicht gebrannt und den Kopf beinahe abgerissen. Dieser halbverkohlte Schädel war das erste, das er in den Trümmern fand. Das zweite war eine körperlose kleine Hand, grau von Staub und Tod, die noch immer den Armstumpf einer Puppe umklammerte.

Sorgfältig protokollierte er alles. Den Geruch, die Zahl der Toden, die Lage ihrer Überreste. Was zur Rekonstruktion ihrer Körper fehlte.

Zwischendurch hob er den Kopf und sah sich um. Dunkel erinnerte er sich daran, was Trauer und Mitleid waren. Nicht, wie es sich anfühlte. Aber dass es so etwas Abstraktes mal gegeben hatte. Und er konnte die Fassungslosigkeit und Wut seiner Kameraden in sich fühlen. Es hatte nichts mit ihm zu tun. Mit der Spitze seines Schuhes stupste er einen Arm an. Er notierte den Arm auf der Liste. Dann zuckte er mit den Schultern. Er hatte einen Job zu erledigen.

Orlando hatte ihm auf der Erde in einem Museum mal einen antiken Fernseher gezeigt. Man sah darauf Bilder und hörte Geräusche, hatte jedoch keinerlei Anteil an dem Geschehen noch die Möglichkeit zur Teilnahme. Bar jeden Einflusses hatte die Menschheit vor diesen Kästen gesessen und tagelang deren Output konsumiert. Der Fernseher transportierte dabei keine Emotionen, er zeigte nur.

Genauso war es in Rahems Geist gewesen. Alles war zu sehen. Doch nichts geschah dabei. Die einzigen Gefühle, die beteiligt gewesen waren, waren Solaks und die Erinnerungen an die der Kameraden gewesen. In Rahem selber war nichts. Herzschlag, Atmung, Cortikalströme, Hautleitfähigkeit blieben vollkommen gleichmäßig, selbst als draußen Schüsse gefallen waren. Er hatte sich lediglich kurz der Lage vergewissert und dann weitergearbeitet. Selbst so basale Reflexbögen wie die Orientierungsreaktion oder Fluchtreflex waren verschwunden. Geblieben war nur noch der Verstand.

Diese Stille war grausig. Gleichgültig, wie gut ein Vulkanier seine Emotionen kontrollierte, sie waren dennoch da. Ein ewiges Rauschen im Hintergrund, das einen in jeder Sekunde begleitete und an einem zerrte. Das vollkommene Fehlen… Von allen Abscheulichkeiten, die man diesen Männern angetan hatte, dies war bei weitem das Abscheulichste. So musste sich Blechbüx fühlen. Solak lachte auf. Natürlich nicht. So musste Blechbüx oder irgendein anderer Roboter seine Umgebung wahrnehmen. Wie schnell man sich doch dieser Worte bediente…

Vertrauen… Ein großes Wort, mit dem er bis heute seine Schwierigkeiten hatte. Das, was Rahem ihm gegeben hatte, war ein großes Geschenk gewesen. Er musste irgend etwas richtig gemacht haben um dieses Geschenk zu verdienen. Rahem hatte alles mit ihm geteilt. Seit seiner Rekrutierung an. Alles, was geschehen war. Von nun an, für den Rest seines Lebens, würde ein kleiner Rahem in seinem Kopf sitzen. So, wie ein kleiner Solak in dem Betazoiden verblieben war. Und keiner von ihnen würde auch nur ein Wort darüber verlieren.

Der Councelor rieb kurz seine brennenden Augen als er sich hinter seinen Schreibtisch setzte und das Chaos dort beseitigte. Es würde einige Zeit dauern bis er dieses Erlebnis verarbeitet hatte. Umso erfreuter war er darüber, dass in seinem Postfach eine Terminbestätigung von Sirgun lag, die den Zeitpunkt seiner nächsten Therapiestunde betraf. Außerdem Urlaubsgrüße von Fred. Eine lange Nachricht seiner vulkanischen Tante. Und zwei Meldungen darüber, dass das diplomatische Chor Vulkans ihn zu erreichen versucht hatte. Das Spitzohr runzelte die Stirn. Warum hatte sie es auf seinem privaten Kanal versucht und nicht über die Ops? Er würde sich später darum kümmern. Jetzt – trotz der Feinde da draußen – wollte er den Brief seiner Tante lesen. Den neuesten Tratsch von Zuhause.

Doch bevor es dazu kam, flammte Savians Botschaft auf dem Bildschirm auf.

Solak war blaß und ernst als er 10 Minuten später auf der Brücke seinen Platz einnahm.

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